Type
Year
Manufacturer
Model Kit
2019
NarinStudio
Edition Size
Weight (kg)
Dimensions (cm)
99
4.00
37 H x 20 W x 37 L
Material
Artists
Resin
Michael Ludwig, Narin Clayman

Eine der Grundregeln auf dieser Website lautet: "Jedes auf xenomorphine.com präsentierte Sammlerstück stammt aus meiner eigenen Sammlung". Nun, jede Regel schreit danach, einmal gebrochen zu werden! Als Michael Ludwig mich fragte, ob ich nicht Lust hätte, eine kleine Hintergrundgeschichte zu NARINs aktueller Predator-Skulptur der SHADOW ELIXIR zu schreiben, an der er gerade für seine eigene Sammlung arbeitete, war ich sofort von der Idee angetan. Michaels einzige Vorgabe war, dass seine Version ein Bad Blood Predator sein sollte. Ein Bad Blood, der dazu von einem japanischen Dämon, einem ONI, besessen war. Diese Idee gefiel mir sehr gut und ich begann die ersten Zeilen der Geschichte zu schreiben und siedelte sie in der Zeit des Alten Japan an, kurz vor dem Ende der Shogunat-Ära. Die Storyline zog mich irgendwie immer mehr in ihren Bann und schon bald wollte ich dem dunklen Schicksal dieses Predators mehr Tiefe verleihen, mehr Tragik. Also begann ich die Geschichte durch mehr Charaktere, Orte und Zeitlinien zu erweitern. Entstanden ist eine Kurzgeschichte über einen Predator, der nicht nur von einem Dämon heimgesucht wurde. Vielmehr ist es eine ganze Verkettung tragischer Ereignisse, die zu seinem dunklen Schicksal führen musste. Viel Spaß mit Bad Blood Story zu Michaels Interpretation des SHADOW ELIXIR, garnniert mit Fotogalerien von Michaels herausragendem Build Up & Paint eines genialen NARIN-Sculpts.

 

Kapitel 1: Die unzerbrechliche Kette

Gemessen an ihrer Herkunft und ihrem Charakter hätten sie unterschiedlicher nicht sein können: Fünf junge Predatoren standen nach harten Jahren gemeinsamer Ausbildung kurz vor Ihrer letzten Prüfung, dem Blood-Ritus. Ihre Namen: Dachande, Skemte, Warkha, Paya und Cetanu. Im direkten Wettkampf waren sie erbitterte Rivalen, doch wenn es darauf ankam, dann hielten sie zusammen wie Pech und Schwefel, vereint gegen alles und jeden. Selbstbewusst nannten sie sich „die Kette“.

In strategischer Kriegsführung waren sie anderen Mitschülern immer einen Schritt voraus, an den Waffen und im waffenlosen Nahkampf bewiesen sie Kraft, Geschicklichkeit und Ausdauer. Und gerade als Team waren diese Fünf auch in unwegsamen, lebensfeindlichen Gelände ungeschlagen und erreichten auf den Trainingsplaneten oft die maximale Punktzahl. Diese fünf Predatoren zählten zweifellos zu den besten Young-Bloods ihrer Generation – mit der Perspektive, zukünftig als Clanleader andere Predatoren heldenhaft in die Schlacht oder auf die Jagd zu führen.

So bewundernswert ihre Leistungen auch waren, so ungestüm und manchmal auch undiszipliniert war ihr Verhalten – besonders dann, wenn sie zusammen auftraten. Das brachte Ihnen ebenso regelmäßig Ärger und Strafen durch ihre Ausbilder ein. Und wenn es einen unter ihnen gab, der auch darin stets ganz vorne war, dann war es Warkha.

Warkha steckte voller Ehrgeiz, aber ebenso voller Gewalt und Verbissenheit, oftmals zu ungeduldig und leicht zu provozieren. Im letzten Wettkampfturnier kam es dann zu einem tragischen Vorfall: In einem Faustkampf schlug Warkha so heftig immer weiter auf seinen bereits bewusstlos am Boden liegenden Kontrahenten ein, dass drei weitere Predatoren notwendig waren, ihn von dem blutüberströmten Mitschüler wegzuzerren. Doch da war es schon zu spät. Der Klassenkamerad verstarb noch in der Arena. Der Schock bei allen, auch den anderen vier der Kette, saß tief und eigentlich hätte dieser Vorfall das Aus für Warkhas Ausbildung zum Blood Predator bedeutet. Einzig der Einfluss von Skemtes Familie sorgte dafür, dass das Komitee schließlich entschied, dass Warkha unter Auflagen weitermachen konnte und somit auch zur Schlussprüfung zugelassen wurde.

Schon morgen, in einem traditionellen Akt, sollten sie erfahren, welche Schlussprüfung ihre Ausbilder für sie vorgesehen hatten, die sie endgültig in den Status eines Blood Predators erheben würde. Was würde die Aufgabe sein? Einem Alien Hive den Gar ausmachen? Vielleicht sogar gegen eine Alien Königin antreten? Jeder für sich alleine, oder doch im Team, zumindest einige von Ihnen? In jener Nacht vor der Bekanntgabe kam die Kette noch einmal zusammen scherzten miteinander, tranken zusammen, rauften sich wild und sinnierten darüber, wem wohl das erste Heldenlied gewidmet würde. Eines aber wussten sie ganz sicher: Niemand, absolut niemand würde je ihre Freundschaft, ihre Kette, zerbrechen können.

Kapitel 2: Warkha

Planet Erde. Es ist das Erdenjahr 1872. Das alte Japan inmitten der Meiji Restauration.

Warkha öffnete die Augen und blickte in die wolkenlose, sternenklare Nacht hinauf. Der Mond zeigte sich in seiner vollen Größe, dadurch erschien es um ihn herum fast taghell. Er saß auf einer Anhöhe. Er war allein. Noch vor wenigen Stunden war dieser Ort von Schlachtenlärm und unzähligen Todesschreien erfüllt. Sie waren einer geradezu idyllischen Stille gewichen, begleitet lediglich durch das Zirpen von Insekten. Warkha genoss diesen Augenblick der Stille und atmete tief in sich ein und wieder aus. Eine solche innere Ruhe hatte er schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr verspürt. Langsam glitt sein Blick vom Nachthimmel herab. Er blickte an sich selbst herunter, über seine mit Blut und Schlamm bedeckte Rüstung, dann weiter die Anhöhe hinab hin zu einer Feuerstelle, die in einiger Entfernung loderte. Für einen kurzen Moment glaubte er Silhouetten zu erkennen, die sich seltsam um das Feuer bewegten, als würden sie tanzen. Waren es seine Mitkämpfer, die dort den Sieg der heutigen Schlacht feierten? Gegen wen hatte er eigentlich heute seine Klinge erhoben? Für wen? Er konnte sich gerade nicht mehr daran erinnern. Sein Blick schweifte vom Feuer wieder ab hin auf sein Katana. Die Klinge war überzogen mit einer verkrusteten, dunklen Schicht geronnenen Blutes. Das Schwert steckte, wie ein Pfahl aufgerichtet, vor ihm im Körper eines getöteten Feindes. „Euer Tahamagene Stahl und das Blut unserer Feinde…“, so schossen ihm die  Worte seines einstigen Lehrmeisters Musashi durch den Kopf, „...sie sehnen sich nach einander, sie sind für einander bestimmt. Also bringt zahlreich zusammen, was zusammen gehört.“ Wahrlich, dachte sich Warkha, heute hatte sein Stahl viele Vereinigungen vollzogen.

Über zwölf Jahre war es nun her, dass es ihn und Skemte einst gemeinsam in diesen Teil der Galaxis verschlagen hatte. Sie beide mussten als einzige der Fünf ihre Schlussprüfung als Team bestreiten: In den Schluchten von Tarant bezwangen sie nur mit Stichwaffen ausgestattet einen ausgewachsenen Lindwurm. Fast wären sie beide bei dieser letzten Prüfung draufgegangen. Warkha war es schließlich, der im entscheidenden Moment mit seinem Dolch den Hals des Lindwurms der Länge nach aufschnitt und somit den letzten Atemzug der Kreatur besiegelte, kurz bevor diese mit seinen Pranken Skemte zerfetzt hätte. Es war ein hart errungener, blutiger und ehrenhafter Sieg, der beide Predatoren umso mehr zusammenschweißte.

Einer ihrer Ausbilder erzählte während den Trainingseinheiten immer wieder von seinen Beobachtungen und Erfahrungen, die er vor unzähligen Jahren auf einem entfernten Planeten gemacht hatte. Er erwähnte die in jener Zeit so genannten Samurai, eine in der dortigen Kultur elitär gestellte Gruppe kaiserlicher Wachen. Jeder einzelne von ihnen ein Meister in der Kunst des Schwertkampfes. Er schwärmte von ihren farbig schimmernden, prächtigen Rüstungen und ihrem strengen und ehrenhaften Codex.

Seit je her selbst fasziniert von der Kunst, den Nahkampf mit einer Blankwaffe zu führen, beschlossen beide, ihren Weg auch als Blooded Predators gemeinsam weiter zu bestreiten und diese ferne Kultur selbst kennenzulernen, ihr Wissen zu adaptieren und dieses in den Aufbau ihres eigenen Hunterclans zu überführen. Fünf Jahre wollten sie sich für ihre Mission Zeit geben. Um möglichst viele Aspekte dieser Kultur zu sammeln, ging Warkha in den Süden und Skemte in den Norden des Landes. Ihre einzige mitgeführte Technik: ihre BioMasks. Sie waren identisch und wurden Ihnen von ihrem Lehrmeister als Geschenk zur bestandenen Prüfung überreicht. Mit den BioMasks und in voller Samurairüstung fielen sie in der neuen Welt erst einmal nur durch ihre schiere Körpergröße auf. Auch dienten die BioMasks der Kommunikation untereinander über die weiten Entfernungen. Es dauerte nicht lange, da konnten sich beide für die erste Leibwächtergarde bei regionalen Samuraifürsten empfehlen und sich so aus erster Hand weiteres Wissen über die Philosophie, die Kriegskunst sowie neue Kampf- und Waffentechniken aneignen.

Kapitel 3: Weg in die Finsternis

Von ihren gemeinsam geschmiedeten, großen Zukunftsplänen war bei Warkha nichts mehr übrig geblieben. Seine Träume waren längst einer anderen Realität gewichen. Auch der Kontakt zu Skemte war noch vor Ablauf der fünf Jahre abgebrochen. Er brach ihn ab. Die Erzählungen ihres Ausbilders, die sie einst dazu bewogen hatten, gemeinsam an diesen fernen Ort des Universums zu reisen - in Warkhas Augen waren sie nur noch verklärte Märchen eines alten Predatorrecken auf Yautya Prime. Was war passiert? Die fast 700 Jahre andauernde Ära des Shogunats befand sich schon bei Ihrer Ankunft dem Untergang geweiht. Und die in dieser Gesellschaft angeblich so angesehene wie gefürchtete Kaste der Samurai! Ihre Macht und ihr Einfluss schwand zusehends, mal ehrenvoll in der Schlacht gegen des Tennos Truppen, oft aber auch jämmerlich und eines Samurais unwürdig durch schlichte Aufgabe und Anpassung an die neue Weltordnung  der kaiserlichen Regierung. Mit der kürzlich erfolgten Einführung der allgemeinen Wehrpflicht verloren die Samurai endgültig ihren Sonderstatus und damit ihre Daseinsberechtigung in der Gesellschaft. Warkha hasste diese Feiglinge, diese ehrenlosen Opportunisten.

Wieder musste er an seinen Lehrmeister Musashi denken. An jenen schicksalshaften Abend, als Musashi ihn alleine zu sich einlud, um mit ihm über die Zukunft des Hauses Musashi zu sprechen. An jenen folgenschweren Augenblick, an dem er ihm ohne Vorwarnung einen Dolch in den Bauch rammte und diesen mit Wucht bis zum Halsansatz nach oben riss, sodass Musashis gesamten Eingeweide auf den Holzboden platschten und seine Hülle, leblos und leer, in sich zusammenbrach. Musashi hatte ihm so viel über das Bushido beigebracht, ihn den Weg des Kriegers förmlich eingepflanzt. Dass sein Meister sich nun dafür entschieden hatte, seine Männer zu retten und sich lieber dem Tenno anzubiedern, anstatt gegen ihn in den ehrenvollen Krieg zu ziehen –  es durfte einfach nicht wahr sein. Seine Männer retten? Mit dieser selbstsüchtigen, feigen Entscheidung würde er alles verraten, wofür die Samurai standen, wofür seine Männer ihr Blut nicht nur einmal hatten fließen lassen! Sie alle wären sofort bereit gewesen, trotz aussichtsloser Lage gegen eine zahlenüberlegene Übermacht mit modernen Kriegswaffen, für ihren Meister und für einander einstehend ehrenhaft mit gezogenem Katana auf dem Schlachtfeld zu sterben.

Warkha blickte noch einmal auf den Haufen toten Fleisches hinab. Musashis Augen waren noch weit aufgerissen, als stünde ihm der Moment erst des tödlichen Angriffs noch bevor, als könnte er es auch im Tod nicht fassen, dass sein Meisterschüler ihn gerade ermordet hatte. Immer noch vor Wut außer sich und gleichermaßen schockiert über das soeben Geschehene nahm Warkha das Katana seines Meisters an sich und entschwand unbemerkt in die Dunkelheit. In jener Nacht wurde er zu einem Ronin, einem herrenlosen Samurai, fortan auf sich alleine gestellt, verflucht und gejagt von seinen eigenen Kameraden, die nichts vom plötzlichen Sinneswandel ihres Meisters ahnten. Vielmehr hielten sie Warkha für einen feigen Attentäter, der das Vertrauen ihres Meisters und ihnen allen auf die teuflischste Art missbraucht hatte.

Kapitel 4: Oni erwache

Warkhas Blick richtete sich wieder auf die Feuerstelle. Die Flammen schienen größer geworden zu sein, auch hatten sich deren Farbgebung geändert. Vorhin noch loderten sie in einem mehr rötlicheren Ton, nun bestimmte ein grünlicher Ton deren Schein. Warkha vernahm plötzlich Rufe aus dieser Richtung.  Waren es seine Mitkämpfer? Er konnte nicht verstehen, was sie riefen, aber sie hatten nun endgültig seine Aufmerksamkeit. Er richtete sich auf, zog das Katana aus der Leiche, sicherte es in seinem Saya und schritt den Hügel hinab in Richtung der Rufe, in Richtung der Feuerstelle. Nach einigen Minuten merkte er, dass es rings um ihn herum finster geworden war. Er sah eigentlich nur das weiterhin grellgrüne Feuer vor sich  brennen. Eben schien der Mond noch taghell die Erde zu erleuchten, nun konnte er ihn gar nicht mehr am Himmel entdecken. Warkha dreht sich kurz um. Doch da war rein gar nichts mehr. Es war nicht nur finster geworden, die Welt um ihn herum war zu einer pechschwarzen Masse verkommen. Der Pfad, der noch vor wenigen Augenblicken sichtbar zu erkennen war, auch dieser war dem absoluten Schwarz gewichen. Einzig das Feuer und die mit jedem Schritt lauter werdenden Stimmen gaben ihm noch die grobe Marschrichtung vor. Doch so stark er sich auch auf diese Stimmen konzentrierte: es blieb ein völliges Durcheinander von vertrauten Wörtern vermischt mit einer ihm unbekannten Sprache. Unbeirrt dieser Wahrnehmungen ging er einfach weiter und weiter. Schon bald hatte er das Zeitgefühl verloren. Wie lange lief er jetzt schon durch diese Finsternis? Eine halbe Stunde, zwei Stunden, fünf Stunden? Egal, Warkha fühlte sich weder müde und schon gar nicht verloren. Er hatte nur noch einen Gedanken, der ihn weitertrieb: Dieses Feuer zu erreichen, um endlich zu verstehen, was die Stimmen ihm zu sagen hatten.

Auf einmal verharrte er abrupt. Er hatte die Feuerstelle erreicht. Die Flammen brannten nur wenige Meter vor ihm, er konnte bereits deren Hitze spüren. Ein Schatten baute sich direkt vor ihm auf. Es folgte ein zweiter, ein Dritter, ein Vierter. Warkha konnte nun acht der Form nach menschenähnliche Wesen erkennen, die sich mal mehr und mal weniger um die lodernden Flammen herum manifestierten. Plötzlich wurde es ganz still. Die sich überlagernden, rufenden Stimmen, das Durcheinander, alles war mit einem Mal verstummt. Dann brach einer der Schatten die Stille und sprach mit klaren, verständlichen Worten: „Unsere Suche ist beendet, Warkha. Wir haben dich endlich gefunden.“ Diese Stimme. Sie kam Warkha sehr vertraut vor. Und diese Worte. Sie hörten und sie fühlten sich so befreiend an, als wäre damit eine schwere Last von ihm genommen worden. Eine Last, die er schon sein ganzes Leben mit sich zu tragen schien. Was passierte hier gerade mit Ihm?

„Wer seid Ihr?“, fragte Warkha. „Wir sind denselben Weg wie Du gegangen. Einst von unseren eigenen Leuten missverstanden, missachtet, verraten, verstoßen. Man hat uns vergessen. Doch wir vergessen nie.“ Warkha wollte mehr wissen: „Wieso habt ihr mich gesucht?“ „Wir irren schon lange umher, auf der Suche nach dem Meister, der uns anführt.  Nach dir.” Bevor Warkha die nächste Frage stellen konnte, forderte ihn das Wesen auf: “Dreh dich um.” Warkha drehte sich um und sah vor sich wieder den Hügel, so nah, als hätte er ihn gerade erst wieder verlassen. Und  er sah auf einmal, dass es kein natürlicher Hügel aus Stein, Erde und Vegetation war. Der Hügel bestand nur aus Leichenteilen verbluteter Kämpfer der vorangegangenen  Schlacht. Es waren unzählige, zerfetzte Körper zu einem meterhohen Turm aufgeschichtet. Und plötzlich kam ihm wieder alles in Erinnerung. Wie er bei einem Samuraifürsten anheuerte, um für diesen für einen vermeintliches Geld, das ihn gar nicht interessierte, gegen die Truppen des Kaisers in eine Schlacht zu ziehen. Erinnerungsfetzen der Schlacht blitzten wieder auf, wie er sich mit seinem Katana durch die Truppen metzelte, bis keiner mehr von ihnen auch in einem Stück war und sie im Dreck und Schlamm verbluteten. Dann wurde ihm plötzlich bewusst, dass er nach diesem Sieg nicht aufhörte und sein Schwert gegen seine eigenen Mitkämpfer richtete. Es war das reinste Massaker. Er gegen alle. Wenige konnten fliehen, die meisten vielen seinem Blutrausch zum Opfer. Er selbst war es gewesen, der den Berg aus Leichen Schicht um Schicht errichtet hatte und anschließend diesen Berg aus Körperteilen und Gedärm bestieg und darauf Platz nahm, als wäre es ein Thron.   

Warkha drehte sich wieder zu den Wesen um. Die Schatten waren nun keine Schatten mehr. Jetzt erkannte er, was sie in Wirklichkeit waren. Übernatürliche Wesen, von denen er in vielen Geschichten gehört, diese aber stets für Aberglaube und Mythen der japanischen Kultur gehalten hatte: Sie waren Oni, teuflische, dunkle Dämonen. Ihr Oberkörper frei mit voluminösem Wanst, und doch mit teils brachialwirkenden Rüstungslementen und dazu fratzengleiche Masken, die teuflisch zu lachen schienen. Hinter diesen Masken leuchteten höllisch glühende Augen auf, Reißzähne wie Raubtiere bleckten hervor, wilde Mähnen und Hörner vergrößerten zusätzlich ihre Statur. Manche von Ihnen hatten Hufen und einen Schwanz wie von einem Ochsen. Und alle führten überdimensionierte Waffen mit sich. Einer ein Beil beinahe so groß wie er selbst, der andere einen mit langen, spitzen Nägeln bespickten Knüppel, ein weiterer einen riesigen Zweihänder, die Klinge so breit wie eine halbe Armlänge. Dann nahmen sie ihre Masken ab und knieten vor Warkha nieder. „Mit dir sind wir nun eins“, sprachen sie mit einer Stimme. „Du zeigst uns den Weg, wir werden folgen.“

Der Oni, der zuerst mit ihm sprach, stand auf, stellte sich vor Warkha, legte die linke Hand auf seine Schulter und fragte ihn: Bist du bereit, neu geboren zu werden?“

Die Hin- und Hergerissenheit, die innere Unruhe, die Warkha eigentlich sein ganzes Leben lang verspürte, sie war auf einmal wie weggeblasen. Er verschwendete keinen einzigen Gedanken mehr an das, was einmal war, sondern nur an das was nun vor ihm lag. Er antwortete: „Ja, ich bin bereit.“ Und in diesem Moment spürte er einen Stich in seiner Brust, als wäre ein glühendes Eisen in ihn gefahren. Das letzte, was er sah, als er zu Boden sank, waren die Augen der Oni, die sich um ihn scharrten. Das letzte, was er hörte, war ihr dämonisches Gelächter. Dann wurde es schwarz. Um ihn herum und endgültig ihn ihm.

Kapitel 5: Bruder gegen Bruder